HEALTH.AI

Report – „Datenraum Gesundheit – Was bringen uns ePA, GDNG und EHDS?“

Am 04. und 05. Februar kamen in Saarbrücken mehr als 50 Teilnehmende aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen, um sich über die aktuellen Entwicklungen im Umgang mit Gesundheitsdaten zu informieren und auszutauschen. Das Programm begann mit einer Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen der digitalen Transformation im Gesundheitswesen. Im weiteren Verlauf wurde insbesondere das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG), sowie der Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS – „European Health Data Space“) in den Fokus genommen, sowie die damit verbundenen erweiterten Möglichkeiten der Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten. Die Vorträge deckten ein breites Spektrum ab – von einem Überblick bis hin zu konkreten Anwendungsbeispielen – und beleuchteten sowohl Datentransfers als auch die Prozesse zwischen den Akteuren im Zusammenhang mit den genannten Aspekten.

Eröffnung und Moderation der Veranstaltung durch Julia Pierzina (Team des Health.AI-Hub )
Vortrag von Dr. Malte Schmieding (BMG) zu GDNG und EHDS

Bereits mit dem in Kraft getretenen GDNG wurden zentrale Weichen gestellt, um den Zugang zu Gesundheitsdaten für gemeinwohlorientierte Forschung und Entwicklung zu erleichtern. Eine zentrale Rolle spielt hierbei das Forschungsdatenzentrum (FDZ), über das Forschende ab dem späten Frühjahr 2025 mit ersten pseudonymisierten Daten unter hohen Sicherheitsstandards arbeiten können. Dieser Zugang wurde im Rahmen der Veranstaltung am Beispiel des Krebsregisters Rheinland-Pfalz veranschaulicht, dessen Registerdaten zukünftig auch über das FDZ für wissenschaftliche Analysen und zur Entwicklung zukunftsweisenden Lösungsansätzen zum Kampf gegen Krebs herangezogen werden können. Die Besonderheit stellt hier die Möglichkeit zur Auswertung verknüpfter Daten der medizinischen Register mit z.B. Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) und weiteren Abrechnungsdaten der Krankenkassen dar. Der EHDS erweitert diesen Ansatz auf europäischer Ebene , indem er den länderübergreifenden Datenaustausch ermöglicht und einheitliche Rahmenbedingungen schafft.

Rückfragen aus dem Publikum an die Vortragenden
Abbildung Vortrag von Philipp Kachel (IDG) zur Einbindung der Daten des Krebsregister Rheinland-Pfalz als Pilotregister in das FDZ

Von großer Bedeutung ist die Änderung durch das GDNG im Hinblick auf die Frage, wer auf Gesundheitsdaten zugreifen darf und unter welchen Voraussetzungen. War dies vor dem Inkrafttreten nur bestimmten Institutionen vorbehalten, gilt nun der Zweckbezug: die Nutzung von Gesundheitsdaten ist auch für gemeinwohlorientierte Innovationen möglich. Dabei wurde hervorgehoben, dass die gesetzliche Grundlage vorsieht, dass auch Start-Ups und KMUs auf Gesundheitsdaten zugreifen können, sofern ihr Vorhaben einen nachweisbaren Nutzen für das Gemeinwohl hat, z.B. durch die Entwicklung zukunftsweisender Lösungen für eine bessere Gesundheitsversorgung. Entscheidend ist also nicht die Organisationsform eines Unternehmens, sondern der konkrete gesellschaftliche Mehrwert, den eine entwickelte oder sich in Entwicklung befindliche Innovation bietet (z.B. ein Proof of Concept).

Das offene Antragsregister des FDZ soll langfristig auch potentielle Synergien sichtbar machen und somit positiv dazu beitragen, dass Forschungseinrichtungen sich Arbeit teilen anstatt sie doppelt zu machen. Dem EHDS als ein erster gemeinsamer Datenraum auf europäischer Ebene werden zukünftig weitere europäische Datenräume folgen (z.B. für Umwelt, Energie oder Landwirtschaft – https://digital-strategy.ec.europa.eu/de/policies/data-spaces), die untereinander vernetzt auch zur Forschung und der Entfaltung des Potentials datengestützter Innovationen in der EU beitragen sollen.

Besonders intensiv wurde an der Veranstaltung die Rolle der Datenintegrationszentren diskutiert. Diese sind aus der Medizininformatikinitiative hervorgegangen und dienen bereits länger dazu, klinische Daten der deutschen Universitätskliniken standardisiert und interoperabel zur Verfügung zu stellen. Kritische Stimmen bemängelten, dass die hier bereits geleistete Vorarbeit in den aktuellen Entwicklungen rund um das FDZ bislang nicht ausreichend berücksichtigt werde. Dies führte zu einer angeregten Podiumsdiskussion, die sich daher auch mit der Frage befasste, wie bestehende Strukturen und neue gesetzliche Regelungen besser aufeinander abgestimmt werden können.

Podiumsdiskussion mit den Vortragenden: V.l.n.r. Julia Pierzina (K8, Moderation), Dr. Holger Stenzhorn (UdS), Llm. Christina Kiefer (reuschlaw), Philipp Kachel (IDG), Dr. Malte Schmieding (BMG)
Angeregte Gespräche gab es auch unter den Teilnehmenden in den Pausen zwischen den Vorträgen

Der zweite Veranstaltungstag stand im Zeichen des netzwerkinternen Austauschs und fand in einer besonderen Kulisse statt: Wurde an Tag 1 der Zugang zu Gesundheitsdaten über GDNG und EHDS noch mit einer Sonderausstellung in einer Galerie verglichen, so bewegten sich die Teilnehmenden am zweiten Tag tatsächlich mitten in einer Kunstausstellung – „SALESALESALE – Kunststudierende verkaufen Kunst“ im co:hub66 in Saarbrücken. In diesem Umfeld stellten drei laufende und fünf geplante Forschungs- und Entwicklungsprojekte aus dem Health.AI-Netzwerk ihre Arbeiten vor und traten in einem interaktiven Fishbowl-Format in einen intensiven Austausch mit den anwesenden Vertretern des Bundesminsteriums für Gesundheit (BMG).

Besonders deutlich wurde dabei, dass bereits in der Planungsphase von Forschungs- und Entwicklungsprojekten im Gesundheitsbereich das sogenannte Quintuple Aim berücksichtigt werden sollte. Ein erfolgreiches Projekt sollte demnach mindestens auf eines dieser fünf zentralen Ziele der Gesundheitsversorgung – Verbesserung der Patient:innenerfahrung, Steigerung der Versorgungsqualität, Senkung der Kosten, Förderung der Gesundheit der Bevölkerung und Berücksichtigung gesundheitlicher Chancengleichheit – einzahlen.

Kurze Projektvorstellung gefolgt von einem offenen Austausch im Fishbowl-Format im co:hub66 am zweiten Veranstaltungstag
Prof. Dr. Martin Dietrich (BMG) und Dr. Malte Schmieding (BMG) im Austausch mit den Konsortialmitgliedern der laufenden und einiger geplanten Projekte aus dem Netzwerk von Health.AI

In der abschließenden Diskussionsrunde wurde betont, dass die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen einen wichtigen Schritt in Richtung einer besseren Datennutzung darstellen, gleichzeitig aber weiterhin ein enger Austausch zwischen Politik, Wissenschaft und Wirtschaft erforderlich ist, um Synergien zu nutzen und bestehende Herausforderungen zu überwinden. Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, wie groß das Interesse und der Bedarf an einem konstruktiven Dialog zu diesen Themen sind. Zudem wurde die Anregung aufgenommen, auch in der Landesgesetzgebung für eine Erleichterung der Zusammenarbeit von Forschung und Klinik zu sorgen. Das Health.AI-Netzwerk wird dieses Thema weiterverfolgen und näher betrachten.

Mit diesem positiven Fazit blicken wir nicht nur gespannt auf die kommenden Entwicklungen, sondern setzen uns aktiv dafür ein, diese voranzutreiben. Durch gezielte Initiativen und enge Kooperationen werden wir den Austausch weiter intensivieren und neue Impulse setzen. Wir freuen uns auf weitere Veranstaltungen, die den Austausch und die Zusammenarbeit in diesem wichtigen Bereich weiter fördern und intensivieren.

Bei Fragen oder Anregungen zu dieser oder weiteren Veranstaltungen wenden Sie sich gerne an info@health-ai.de.

Weiterführende Informationen finden Sie unter:

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/detail/gesundheitsdatennutzungsgesetz.html 

https://health.ec.europa.eu/ehealth-digital-health-and-care/european-health-data-space_de 

https://www.medizininformatik-initiative.de/de/konsortien/datenintegrationszentren